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Schwimmschule droht unterzugehen

Schwäbische Zeitung 29.5.2019




Im Nichtschwimmerbecken des Altbaus (Bild), in dem auch die Anfänger stehen können, sollen künftig keine Kurse mehr möglich sein. Dafür hat Andrea Porter (oben) kein Verständnis. (Foto: Archiv: Reiner Schick)

Veröffentlicht: 29. Mai 2019, 06:00 Uhr
Zuletzt aktualisiert: 29. Mai 2019, 08:33 Uhr


Experten sind sich einig: Schwimmen gehört zu den lebensnotwendigen Fähigkeiten, die ein Mensch möglichst frühzeitig erlernen sollte. In Laupheim sorgt Andrea Porter mit ihrer Schwimmschule „Aquafun“ seit 15 Jahren dafür, dass sich Kinder schon im Vorschulalter selbstständig über Wasser halten können. Wegen sich verschlechternder Unterrichtsbedingungen sieht sie sich jedoch gezwungen, ihr Angebot immer stärker einzuschränken. Kaum zu glauben: Auch das bald erweiterte Hallenbad verspricht keine Verbesserung. Im Gegenteil.

Seit Monaten versucht Andrea Porter von der Stadtverwaltung eine Zusage zu bekommen, wann sie das Bad, das im September eröffnen soll, für ihre Kurse nutzen kann. „Ich werde immer wieder mit dem Hinweis vertröstet: Erst kommen die Schulen, dann die Vereine, dann Sonstige. Ich gehöre demnach zu den Sonstigen“, klagt sie im SZ-Gespräch. Die einzige Info, die sie bislang erhalten habe, sei alles andere als ermutigend: Anfängerkurse dürften künftig nicht mehr im alten Nichtschwimmerbecken stattfinden, sondern nur noch im neuen Schwimmerbecken. „Das ist mindestens 1,20 Meter tief und 28 Grad kalt. Da bekomme ich keine Anfänger rein, deren Körpergröße bei einem Meter beginnt“, sagt die 49-Jährige. Zum Vergleich: Das Nichtschwimmerbecken im alten Trakt ist zwischen 90 und 130 Zentimeter tief und zwei Grad wärmer. „Das sind Welten!“ Die Begründung, man wolle den Altbau für die Öffentlichkeit reservieren, kann Porter nicht nachvollziehen: „An den Freitagnachmittagen und auch am Samstagvormittag, als ich mit meinen Anfängern drin war, waren bislang kaum Eltern mit ihren Kindern drin.“

„Es geht um meine Existenz“

Das Problem an der Geschichte: Schon während der jetzt zweijährigen Schließung des Laupheimer Hallenbads für den Umbau musste Andrea Porter Abstriche im Angebot machen, weil die Ersatzzeiten im Baustetter Bad nicht ausreichten. Und wegen der fehlenden verbindlichen Zusagen für die erneuerte Halle kann sie fürs kommende Schuljahr nicht vernünftig planen. So muss sie Eltern, die ihre Kinder gerne zu Anfänger- oder Fortgeschrittenenkursen anmelden wollen, vertrösten. Deren Geduld freilich ist begrenzt. Und jene von Andrea Porter ist erschöpft. Die 49-Jährige verdient nämlich den größten Teil ihres Lebensunterhalts mit der Schwimmschule. Das Risiko, dass sie wegen ausfallender Kurse erhebliche finanzielle Verluste in Kauf nehmen muss, ist mittlerweile so hoch, dass sie zum 1. Mai einen geringfügigen Nebenjob in eine Halbtagesstelle umgewandelt hat. „Es geht um meine Existenz“, sagt sie.

Von 250 auf unter 100

Letztlich bedeutet das: Sie hat immer weniger Zeit für Kursangebote. Wie drastisch die Situation ist, verdeutlichen diese Zahlen: Zu Spitzenzeiten habe sie zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis zu 250 Kinder (inklusive Babyschwimmen) unterrichtet, aktuell seien es noch rund 150. Und künftig? „Ich weiß es nicht. Aber es werden wohl weniger als 100 sein.“ Stand jetzt kann sie künftig gerade noch einen Aufbaukurs und, sofern sie ein sinnvolles Becken bekommt, einen Anfängerkurs anbieten.

Andrea Porter kann es einfach nicht verstehen, weshalb sie von der Stadtverwaltung so nachlässig behandelt wird. Denn immerhin belege sie die Hallenbäder in Laupheim und Baustetten mit ihren Kinderkursen bislang fast 20 Stunden pro Woche und leiste somit wichtige Ausbildungsarbeit für das ganze Stadtgebiet. „Ich möchte hören, was passieren würde, wenn der städtische Musikschulleiter kurz vor den Sommerferien erfahren würde, dass noch nicht klar ist, für welche Kurse er die Musikschule belegen darf“, unkt sie und fügt an: „Aber mit mir kann man das ja machen, ich bin ja keine städtische Angestellte.“

Schon während der Übergangszeit im Baustetter Bad sei einiges schief- gelaufen, das sie nicht zu verantworten habe. „Es gab eigentlich einen klaren Belegungsplan, aber letztlich musste ich immer wieder um meine Zeiten kämpfen“, sagt sie. Als das Bad mehrere Wochen wegen eines technischen Defekts geschlossen werden musste, seien ihr rund 2500 Euro Verdienstausfall entstanden: „Ich musste zwar die 600 Euro Badmiete nicht bezahlen, aber die fehlenden Einnahmen für die 24 Kursstunden, die ich absagen musste und nicht nachholen konnte, ersetzte mir niemand.“ Unter solchen Umständen fühle sie sich wie bei einem „Drahtseilakt ohne Netz. Ich kann das nicht mehr machen. Außerdem bin ich 49, da muss ich die Chance nutzen, wenn ich einen flexiblen Halbtagesjob angeboten bekomme.“ Ihre Steuerberaterin habe ihr empfohlen, sich anders aufzustellen – sprich: höhere Kursgebühren zu verlangen. „Das geht nicht. Wenn ich Preise wie für Tennis- oder Reitstunden verlange, kann ich einpacken“, sagt Andrea Porter. Schließlich sollen sich Schwimmkurse auch weniger Betuchte leisten können, „eben weil es so wichtig ist“.

Experten pflichten bei

Wie wichtig, verdeutlicht auch Antonie Hartmann-Striebel, Schwimmlehrerin an der Anna-von-Freyberg-Grundschule in Laupheim. „In den zweiten Klassen kann nur jedes zweite Kind schwimmen, wenn es zu mir zum Unterricht kommt. Dabei ist Schwimmen lebenswichtig und kein Luxussport“, betont sie. Das weiß auch Beate Besirske, Ausbildungsleiterin bei der DLRG-Ortsgruppe Laupheim. Die Klage von Andrea Porter über die Wassertiefe und -temperatur im neuen Schwimmerbecken kann sie nachvollziehen. „Bei 1,20 Meter ist ein Anfängerschwimmen nur sehr beschränkt möglich, man bräuchte mehrere Helfer“, sagt sie. Von der Stadt würde sie sich ein Zeichen wünschen, dass man gerade diese Anfängerkurse unterstützt. „Und ein gemeinsames Gespräch mit allen, die Schwimmunterricht anbieten.“

Das sei auch in Aussicht gestellt worden, sagt Andrea Porter. „Bisher ist aber nichts geschehen.“ Die städtische Entscheidung, das alte Nichtschwimmerbecken für Kurse nicht mehr zu nutzen, sei ebenfalls ohne Rücksprache mit Schulen und Vereinen erfolgt.

Unterstützung erhält sie von Matthias Kugelmann von der Schwimmabteilung des TSV Laupheim: „Allein die Logik sagt, dass man im 1,20 Meter tiefen Schwimmerbecken keine einen Meter großen Anfänger unterrichten kann.“ Auch Kugelmann wartet trotz mehrfacher Nachfragen bislang vergeblich auf eine Nachricht von der Stadt, wann die Schwimmabteilung die neue Halle belegen kann: „Dabei sollte bis spätestens Ende Juli meine Planung stehen, und als Ehrenamtlicher kann ich das nicht innerhalb kurzer Zeit erledigen. Wir müssen auch noch Übungsleiter suchen und unsere Mitglieder informieren.“ Den runden Tisch mit allen Beteiligten, den die Stadt zugesagt habe, vermisse er bis heute.

Stadt wehrt sich

Nachdem die „Schwäbische Zeitung“ die Stadtverwaltung vorigen Donnerstag über die Kritik von Andrea Porter unterrichtet hatte, erhielt Porter wenige Stunden später eine Mail. „Die Belegung mit den Schulen konnte mittlerweile festgelegt werden, so dass wir Ihnen nun zeitnah eine Rückmeldung zu Ihren Zeiten geben können“, hieß es darin. Der Bitte der SZ um eine Stellungnahme kam die Stadt am Dienstag nach. „Bei der Erstellung des Belegungsplanes für das Parkbad ist die Stadt verpflichtet, zuerst ihre hoheitlichen Aufgaben wahrzunehmen. Das bedeutet, dass zunächst der Bedarf an Schwimmzeiten für die Laupheimer Schulen abgedeckt werden muss“, schreibt Pressesprecherin Nicole Hörmann. Im Mai habe deshalb eine Besprechung mit Vertretern der Schulen stattgefunden. Mit den Ergebnissen daraus könne der bisherige Belegungsplan weiterentwickelt werden. „Anfang Juni soll der finale Belegungsplan gemeinsam mit allen Nutzern aufgestellt werden.“

Porters Kritik, sie habe um die zugesagten Ausweichstunden im Baustetter Becken immer wieder kämpfen müssen, widerspricht Hörmann: „Sie hat zehn Schulstunden pro Woche zur Verfügung. Das Kontingent wurde nicht berührt.“ Zur Problematik des Schwimmerbeckens für die Anfänger äußert sich die Stadt nicht.



 

 

Schwäbische Zeitung 15.01.2016

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Bericht Schwimmschule taucht ab
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